Die Mieter mieteten 2001 vom Vermieter ein Einfamilienhaus in Soest an. Der Vermieter verkaufte die Immobilie 2015 an seinen Sohn und dessen Ehefrau, die zu dieser Zeit bereits zwei gemeinsame Kinder hatten. Die – später getrennt lebenden Eheleute – wurden am 11.9.2015 im Grundbuch eingetragen. Die Scheidung der Ehe wurde 2016 vollzogen. Im Mai 2017 erhielten die Mieter eine Kündigung von den (neuen) Vermietern. Sie begründeten die Kündigung mit Eigenbedarf der vormaligen Ehefrau. Sie wolle mit ihren beiden Kindern und ihrem neuen Lebensgefährten in das angemietete Haus ziehen. Die Immobilie liege insbesondere für den Schulweg der Kinder sehr viel günstiger als der bisherige Wohnort. Aktuell müssten die Kinder in die 12 km entfernt liegende Schule gefahren werden; von dem vermieteten Haus aus könnten die Kinder in die Schule laufen. Die Rechtmäßigkeit der Kündigung wurde streitig. Insbesondere meinten die Mieter, dass eine Kündigungssperre nach § 577a Abs. 1a BGB gegeben sei, weil die Vermieter die Immobilie vor weniger als drei Jahren erworben hätten. Die Mieter verloren den Rechtsstreit durch drei Instanzen hindurch.
Im Urteil vom 2.9.2020 führte der Mietrechtssenat des BGH aus, dass erkennbar Eigenbedarf gegeben sei. Das dargelegte Nutzungsinteresse und die Verkürzung des Schulwegs stellten vernünftige und nachvollziehbare Gründe für eine Eigenbedarfskündigung dar (vgl. BGH-Urteil vom 22.5.2019, VIII ZR 180/18 – ZIV 2019, 34).
Es genüge auch, wenn der Eigenbedarf nur in der Person eines der beiden Vermieter gegeben sei (vgl. BGH-Urteil vom 14.12.2016, VIII ZR 232/15 – ZIV 2016, 76). Schließlich sei die Eigenbedarfskündigung nicht unwirksam, weil sie vor Ablauf der Sperrfrist in § 577a Abs. 1a BGB erfolgt sei. Nach § 577a Abs. 1 BGB könne ein Erwerber von Wohneigentum keine Eigenbedarfskündigung für 3 Jahre aussprechen, wenn nach der Überlassung an den Mieter Wohneigentum begründet wurde und die Wohnung verkauft wurde. Nach § 577a Abs. 1a wurde diese Regelung ausgedehnt auf den Verkauf von Wohnraum an Personengesellschaften oder an Erwerbermehrheiten. Die Eheleute stellten zwar eine Erwerbermehrheit dar; die Regelung sei jedoch nach § 577a Abs. 1a Satz 2 BGB ausdrücklich nicht anzuwenden, wenn es sich bei der Erwerbermehrheit um Personen derselben Familie oder desselben Haushalts handele. Diese Privilegierung für Familien- und Haushaltsangehörige greife vor-liegend. Als Anknüpfungspunkt, wie weit der Kreis der Familienangehörigen in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Eigenbedarfskündigung) zu ziehen ist, habe der BGH im Urteil vom 27.1.2010 (VIII ZR 159/09 – ZIV 2010, 2) die gesetzlichen Wertungen zur Regelung eines Zeugnisverweigerungsrechts (§ 383 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) herangezogen. Danach sei ein Ehegatte auch dann zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt, wenn die Ehe nicht mehr bestehe, VIII ZR 35/19.