Die Wohnungseigentümer fassten den Beschluss, ihre WEG-Verwalterin vorzeitig aus dem Amt abzuberufen. Hiergegen wandte sich die WEG-Verwalterin mit ihrer Anfechtungsklage. Das Amtsgericht schlug den Abschluss eines Vergleichs vor, demzufolge die Verwalterin 50% ihres Honorars der restlich an sich verbleibenden Amtszeit erhalten sollte. Die Verwalterin erklärte sich mit dem Vorschlag einverstanden. Die neue Verwalterin lud zu einer Eigentümerversammlung und ließ über den Vergleichsvorschlag des Gerichts einen Beschluss fassen. Die Wohnungseigentümer entschieden mehrheitlich, den gerichtlichen Vergleichsvorschlag anzunehmen.
Die Entscheidung wurde dem Amtsgericht über die neue Verwalterin mitgeteilt. Einzelne Eigentümer erklärten gegenüber dem Amtsgericht, sie seien mit dem Vergleichsabschluss nicht einverstanden. Das Amtsgericht erklärte mit Beschluss vom 12.6.2016 die Annahme des Vergleichs. Die abweichende Erklärung der Eigentümergruppe sei rechtlich unbeachtlich, weil sie nach der Beschlussfassung durch WEG-Versammlung nicht mehr materiell verfügungsbefugt seien.
Die Eigentümer erhoben Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage gegen den Beschluss, mit dem die Annahme des Vergleichs entschieden worden war. Sowohl Amts- als auch Landgericht erkannten keine Erfolgsaussichten dieser Klage. Mit zugelassener Revision wandten sich die Eigentümer an den Bundesgerichtshof.
Im Urteil vom 18.10.2019 entschieden die fünf WEG-Richter des Bundesgerichtshofs, dass die Wohnungseigentümer zwar befugt seien, dem Verwalter im Rahmen eines Rechtsstreits Weisungen zu erteilen, etwa einen Vergleich abzuschließen (vgl. BGH-Urteil vom 5.7.2013, V ZR 241/12 – ZIV 2013, 44). Die Beschlusskompetenz reiche aber nicht soweit, die prozessualen Rechte einzelner Wohnungseigentümer zu beschränken, etwa indem ihnen untersagt werde, abweichende Prozesshandlungen vorzunehmen.
Die Vollmacht des WEG-Verwalters nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG sei umfassend. Sie beinhalte auch die Rechtsmacht, einen Vergleich vor Gericht abzuschließen. Insoweit reiche die Vollmacht – im Außenverhältnis – weiter als die eines Anwalts, da dessen Vollmacht zum Abschluss eines Vergleichs im Außenverhältnis nach § 83 ZPO beschränkt werden könne. Im Innenverhältnis könnten die Wohnungseigentümer aber gleichwohl per Beschluss Weisungen erteilen.
Die Beschlusskompetenz werde auch nicht durch einen Eigentümerwechsel tangiert. Auch wenn der Käufer nun an den Eigentümerversammlungen teilnehme und über einen Rechtsstreit mitentscheide, an dem noch der Verkäufer beteiligt sei, führe dies nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Verfahrensrechte des Verkäufers.
Diese seien ausreichend gewahrt, weil der WEG-Verwalter verpflichtet sei, den Verkäufer über den Verlauf des Anfechtungsprozesses zu unterrichten; er sei der Vertreter des Verkäufers im Rechtsstreit.
Die gesetzliche Vertretungsmacht des Verwalters nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG dauere für einen aus der Gemeinschaft ausgeschiedenen Wohnungseigentümer so lange fort, wie die gemeinschaftlichen Verpflichtungen der Wohnungseigentümer gegenüber Dritten aus der Zeit seiner Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft abzuwickeln seien (BGH-Urteil vom 25.9.1980, BGHZ 78, 167).
Auch im Rahmen einer laufenden Anfechtungsklage habe der anfechtende Wohnungseigentümer (Kläger) ein Teilnahmerecht auch an der Versammlung, bei der eine Weisung an den Verwalter beschlossen werden solle. Allerdings sei er an der Stimmrechtsausübung nach § 25 Abs. 5 WEG ausgeschlossen. Das gesetzliche Stimmrechtsverbot erfasse nicht nur die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits, sondern auch alle Zwischenschritte. Ebenfalls vom Stimmrecht ausgeschlossen seien die Wohnungseigentümer, die sich nicht vom Verwalter vertreten lassen wollen. Jeder Wohnungseigentümer habe die Rechtsmacht zu entscheiden, seine Interessen im Prozess selbst oder durch einen eigenen Rechtsanwalt wahrzunehmen. Das Selbstvertretungsrecht des einzelnen Wohnungseigentümers setze aber voraus, dass dies bei Gericht von dem jeweiligen Eigentümer angezeigt werde. Erst ab dem Zeitpunkt dieser Prozesserklärung ende die Vertretungsmacht des WEG-Verwalters und ggf. die Anwaltsvollmacht des vom Verwalter mandatierten Anwalts für diesen Eigentümer.
Umgekehrt habe der betreffende Eigentümer auch keine Einflussmöglichkeit mehr hinsichtlich der Weisungen, die dem Verwalter qua Beschluss erteilt werden könnten.
Da die Wohnungseigentümer im Beschlussmängelverfahren notwendige Streitgenossen seien, könnten Vergleiche auch nur durch alle Eigentümer gemeinschaftlich abgeschlossen werden. Dem Beschluss sei nicht zu entnehmen, dass die beschließenden Wohnungseigentümer auch eine Entscheidung für die Eigentümer treffen wollten, die Einspruch gegen den Vergleichsabschluss erhoben haben. Bei Fehlen konkreter gegenteiliger Anhaltspunkte sei davon auszugehen, dass die zu einer gesetzmäßigen Verwaltung verpflichteten Wohnungseigentümer im Zweifel keinen rechtwidrigen Beschluss fassen wollten (vgl. BGH-Urteil vom 17.4.2015, V ZR 12/14 – ZIV 2015, 34).
Danach sei der gefasste Beschluss so zu verstehen, dass nur die beschlussfassenden Wohnungseigentümer für sich selbst eine Weisung erteilten wollten, nicht aber auch für die Eigentümer, die insoweit eine abweichende Auffassung vertraten. Die Revision wurde daher zurück gewiesen; der Beschluss der Wohnungseigentümer war nicht rechtsfehlerhaft, weil er sich darauf beschränkte, eine Entscheidung für die an der Beschlussfassung zugelassenen Wohnungseigentümer zu treffen, V ZR 286/18.