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Rückgabe und Räumung in der Insolvenz

Mit den Ansprüchen des Vermieters auf Rückgabe und Räumung in der Insolvenz des Mieters setzte sich der IX. Zivilsenat im Urteil vom 11.4.2019 auseinander. Bei der Mieterin handelte es sich um einen Gewerbebetrieb, der ein 98.000 m² großes Grundstück im Gerichtssprengel des Landgerichts Frankfurt (Oder) angemietet hatte. Am 7.3.2008 fiel die Mieterin in die Insolvenz. Mit Aufhebungsvertrag vom 31.3.2008 wurde das Mietverhältnis beendet. Darin war u.a. vereinbart, dass die Mieterin die Mietflächen von allen Gegenständen beräumt und alle Baulichkeiten und Anlagen entfernt, soweit diese nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind. Die Mieterin übergab das Grundstück termingerecht am 31.3.2008.

Rund einen Monat später meldete die Vermieterin eine Insolvenzforderung in Höhe von knapp 4,4 Mio. € an. Als Forderungsgrund benannte sei „geschätzte Beseitigungskosten Ablagerungen“. Sie fügte der Anmeldung einen Kostenvoranschlag über entsprechende Kosten der Entsorgung verschiedener Materialien bei. Der Insolvenzverwalter stellte die Forderung indessen nur in Höhe von rund 1,6 Mio. € fest und erhob im Übrigen die Einrede der Verjährung. Die Vermieterin klagte auf Feststellung der ausstehenden rund 2,8 Mio. €. Sie unterlag vor dem Landgericht. Ihre Berufung zum Oberlandesgericht Brandenburg hatte mit einem geringfügigen Abschlag Erfolg. Gegen das Berufungsurteil wendete sich daraufhin der Insolvenzverwalter mit der Revision zum BGH.

Der Insolvenzrechtssenat hob das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück an das Oberlandesgericht. In den Gründen zum Urteil führte er aus, dass auch der insolvente Mieter nach § 546 Abs. 1 BGB verpflichtet sei, die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses zurück zu geben (Rückgabeverpflichtung). Dem Vermieter stehe ein Aussonderungsanspruch aus der Insolvenzmasse zu, der auf die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes an der Mietsache gerichtet sei (vgl. BGH-Urteil vom 2.2.2006, IX ZR 46/05 – ZIV 2006, 33).


Davon sei die mietvertragliche Räumungsverpflichtung zu unterscheiden, deren Erfüllung neben der Besitzverschaffung zur Rückgabe von Mietgrundstücken gehöre (vgl. BGH-Urteil vom 11.5.1988, VIII ZR 96/87, BGHZ 104, 285). Sie werde allein unter den Voraussetzungen des § 55 InsO zur Masseverbindlichkeit. Soweit die Voraussetzungen nicht erfüllt seien, stelle der Räumungsanspruch des Vermieters nur eine quotal zu befriedigende Insolvenzforderung dar, § 38 InsO. Der Räumungsanspruch umfasse die Entfernung der vom Mieter eingebrachten und oder vom Vormieter übernommenen Gegenstände und Einrichtungen. Davon abgesehen sei der Zustand, in dem sich die Mietsache bei ihrer Rückgabe befinde ohne Bedeutung. § 546 BGB enthalte keine Regelung darüber, in welchem Zustand die Mietsache zurückgegeben werden müsse (vgl. BGH-Urteil vom 28.2.2018, VIII ZR 157/17 – ZIV 2018, 8). Bei Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache könne daher der Vermieter nur Schadenersatz verlangen, sei aber nicht zur Ablehnung ihrer Rücknahme berechtigt.

Ende der Mietvertrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens komme es darauf an, ob das Räumungsgut vor oder nach Eröffnung auf das Grundstück gelangt sei. Nur die Gegenstände, die nach Eröffnung auf das Grundstück gelangt seien, begründeten hinsichtlich der Räumung eine Masseforderung. Alle anderen, zuvor eingebrachten Gegenstände lösten hinsichtlich ihrer Beräumungskosten nur eine Insolvenzforderung aus. Hierzu hatte das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, so dass der Rechtsstreit zurückverwiesen wurde, IX ZR 79/18.