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Nur ausnahmsweise Mietminderung bei Baustellenlärm

Gerade einmal knapp 1.000 € Mietminderung bedurften einer Aufarbeitung durch drei Gerichtsinstanzen. Mit beachtlichen 42 Seiten setzte sich am Ende der Bundesgerichtshof mit der Rechtsfrage auseinander, ob dem Mieter einer in Berlin gelegenen 2-Zimmer-Wohnung eine Mietminderung wegen einer benachbarten Baustelle zusteht.

Der Mieter hatte die Wohnung 2009 angemietet. Nur circa 40 Meter entfernt gab es eine Baulücke, in der 2013 mit den Arbeiten für einen Neubau begonnen wurde. Der Mieter zeigte dies dem Vermieter an und erklärte fortan die Miete deswegen um 10% zu kürzen. Die Zahlungsklage des Vermieters hatte vor dem Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Erfolg. Auf die Berufung des Mieters wurde die Klage jedoch abgewiesen. Hiergegen richtete sich die Revision des Vermieters.

In den Urteilsgründen im Urteil vom 29.4.2020 führte der VIII. Zivilsenat aus, dass eine Mietminderung in Betracht komme, wenn die Mietsache äußeren Einflüssen oder Umständen ausgesetzt sei, die deren Gebrauchstauglichkeit unmittelbar beeinträchtige. Weitere Voraussetzung sei, dass die Parteien keine Vereinbarung darüber getroffen hätten, was bezüglich solcher Beeinträchtigungen vertraglich dann geschuldet sei (Anmerkung: Die Mietminderung nach § 536 BGB ist eine gesetzliche Rechtsfolge, die von einer Vereinbarung überlagert würde).

Eine solche Vereinbarung kann nach Auffassung des Senates nicht darin gesehen werden, dass mangels Existenz einer Baustelle bei Abschluss des Mietvertrages, die stillschweigende Vereinbarung getroffen werde, es sei mit Baulärm nicht zu rechnen.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 29.4.2015, VIII ZR 197 – ZIV 2015, 31) setze auch eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Konkret müsse der Mieter die von ihm wahrgenommenen Umweltbedingungen der Wohnung als maßgebliches Kriterium für den vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung für den Vermieter erkennbar ansehen und der Vermieter müsse dem zustimmen. Eine einseitig gebliebene Vorstellung des Mieters sei dagegen rechtlich unbeachtlich. Der Mieter könne daher im Allgemeinen nicht erwarten, dass der Vermieter die vertragliche Haftung für den Fortbestand der Umweltbedingungen zurzeit der Anmietung übernehmen wolle. Diese Rechtsprechungsgrundsätze habe das Berufungsgericht verkannt. Das Landgericht habe zudem rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen, wie erheblich die Tauglichkeitsminderung war. Es hätte sich gerade aus der eigenen Rechtsansicht nicht mit der Feststellung begnügen dürfen, eine 40 Meter entfernte Baustelle rechtfertige aufgrund der typischerweise damit verbundenen Störungen eine Minderung von 10%. Vielmehr hätte das Gericht eine Beweisaufnahme über diesen streitigen Punkt durchführen müssen. Da jedoch schon keine Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien hinsichtlich des Fortbestandes der Umweltbedingungen gegeben war, sei die Mietminderung nicht berechtigt und der Klage des Vermieters statt zu geben, VIII ZR 31/18.