Nach der gesetzlichen Regelung treten die Erben in alle Rechtspositionen des Erblassers ein, § 1922 BGB. Dazu gehört auch ein Mietvertrag. Eher selten besteht indessen ein Interesse der Erben an der Fortführung des Mietvertrages. § 564 BGB eröffnet daher den Mietern, aber auch dem Vermieter die Möglichkeit, das Mietverhältnis mit der (nicht auf 6 oder 9 Monate verlängerten) gesetzlichen Frist von 3 Monaten zu kündigen.
Nun stellt sich für den Vermieter die Frage, ob Mietforderungen vor und nach dem Erbfall von den Erben zu bezahlen sind, wenn diese nicht kündigen, aber die Nachlassverwaltung beantragen. Mit diesen Fragen hatte sich der BGH in zwei Urteilen vom 25.9.2019 auseinander zu setzen. Den beiden Urteilen ging ein dritter Rechtsstreit zwischen den Mietvertragsparteien voraus.
Der Mieter mietete 1985 eine Wohnung im Gerichtssprengel des Amtsgerichts Neuss an. Er verstarb im August 2014 und hinterließ als Erben einen Bruder. Der Bruder kündigte die Wohnung nicht, bezahlte aber auch keine Miete. Der Vermieter klagte daraufhin die Mieten von September bis Dezember ein. Am 30.4.2015 kündigte er zudem den Mietvertrag und forderte den Bruder auf, die Mietsache herauszugeben. Als auch dies unterblieb, erhob der Vermieter Räumungsklage. Das Amtsgericht Neuss gab der Zahlungs-und Räumungsklage mit Urteil vom 4.8.2015 statt.
Hiergegen legte der Bruder Berufung ein und beantragte die Nachlassverwaltung über das Erbe, die im November 2015 angeordnet wurde. Das Landgericht Düsseldorf hielt die Verurteilung zur Räumung aufrecht, wies aber die Zahlungsklage ab. Aufgrund der zwischenzeitlich angeordneten Nachlassverwaltung hafte der Bruder nicht mehr persönlich für die Mietschulden. Die eingeklagten Mietschulden seien reine Nachlassverbindlichkeiten. Nur für die Mietzinsforderungen, die nach Ablauf der Kündigungsfrist des § 564 Satz 2 BGB entstünden, könne der Bruder noch persönlich in Anspruch genommen werden.
Das Urteil nahm der Vermieter zum Anlass, um die ausstehenden Mietzahlungen von März 2015 bis einschließlich Januar 2016 ebenfalls gegen den Bruder einzuklagen. Das Amtsgericht Neuss gab dieser Klage wiederum statt. Die Berufung des Bruders hatte keinen Erfolg. Hiergegen wandte sich der Bruder mit der Revision zum Bundesgerichtshof.
Der BGH führte im Urteil vom 25.9.2019 aus, dass der Bruder als Erbe für die aus dem Mietverhältnis stammenden Verbindlichkeiten grundsätzlich haftet. Dies gelte auch für die Mietzinsen, die erst nach dem Tod des Mieters fällig geworden sind. Gleiches gelte auch für die Nutzungsausfallentschädigung wegen einer verspäteten Rückgabe der Mietsache nach einer Kündigung. All diese Verbindlichkeiten seien sogenannte Erblasser-Schulden (1), für die der Erbe nach § 1967 Abs. 1 BGB hafte (vgl. BGH-Urteil vom 23.1.2013, VIII ZR 68/12 – ZIV 2013, 6).
Dem Zugriffsrecht der Gläubiger unterliege daher (zunächst) sowohl der Nachlass des Erblassers als auch das Eigenvermögen der Erben (vgl. BGH-Urteil vom 5.7.2013, V ZR 81/12 – ZIV 2013, 51). Die so eintretende Vermögensverschmelzung zwischen dem Vermögen des Erblassers und dem des Erben werde rückgängig gemacht durch die Anordnung der Nachlassverwaltung. Diese führe dazu, dass der Erbe für Erblasser-Schulden nicht mehr mit seinem eigenen Vermögen haftet, sondern sich die Haftung auf den Nachlass beschränkt, § 1975 BGB.
Davon zu trennen seien die Nachlass-Erbenschulden (2). Sie entstünden, wenn der Erbe bei der Verwaltung des Nachlasses Verbindlichkeiten einginge. Sie wiesen eine Doppelnatur auf. Sie sind Eigenverbindlichkeiten des Erben und auch Nachlassverbindlichkeiten. Für sie haftet der Erbe mit seinem Vermögen und mit dem Nachlass.
Schließlich gäbe es noch die reinen Eigenschulden (3). Sie würden durch eine nicht ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses begründet.
Das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft angenommen, dass das Unterlassen der Kündigung durch den Bruder (§ 564 S. 2 BGB) eine Verwaltungsmaßnahme darstelle, die die Eigenhaftung des Bruders auslöse (Nachlasserbenschulden (2)). Es läge schon keine Verwaltungsmaßnahme vor. Dem Verstreichenlassen der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit sei kein rechtsgeschäftlicher Erklärungswert beizumessen. Schließlich habe es auch dem Vermieter offen gestanden, das Mietverhältnis außerordentlich zu kündigen. Der Bruder schuldete damit dem Vermieter keine Miete aufgrund der unterlassenen Kündigung.
Anders beurteilte das Gericht die Nutzungsausfallentschädigung aufgrund der Kündigung des Vermieters bis zur Anordnung der Nachlassverwaltung. In diesem Zeitraum habe der Bruder die Rechtspflicht zum Handeln dahingehend gehabt, die Mietsache dem Vermieter zurück zu geben, § 546 BGB, § 985 BGB, § 857 BGB. Da den Urteilen der Vorinstanzen dieser Zeitraum nicht zu entnehmen war, wurde der Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung zum Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen (VIII ZR 138/18).
Das andere BGH-Urteil vom selben Tag betraf den gleichen Sachverhalt. Insoweit hatte sich ein weiterer Rechtsstreit gesondert wegen der Betriebskostennachforderung des Vermieters ergeben. Das Urteil ist nahezu inhaltsgleich. Ergänzend führen die Karlsruher Mietrichter aus, dass es nicht darauf ankäme, wann die Betriebskostenabrechnung erteilt worden sei (also in der Haftungszeit zwischen Beendigung des Mietverhältnisses und der Anordnung der Nachlassverwaltung oder davor bzw. danach). Dies habe seinen Grund in der Natur der Betriebskosten, die auch nach der Abrechnung eine wiederkehrende Leistung blieben (vgl. BGH-Urteil vom 20.7.2016, VIII ZR 263/14 – ZIV 2016, 66). Soweit die (monatlichen) Betriebskosteneinzelforderungen (und die Abrechnung) in den Haftungszeitraum fielen, haftet der Bruder also, in der Zeit davor und danach ist er haftungsfrei. Da die gleichen Daten auch in diesem Fall fehlten, wurde auch dieser Rechtsstreit zurückverwiesen, VIII ZR 122/18.