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Leistungsurteil über Mietrückstände ohne Wert für die Kündigung

Die Mieter mieteten im April 2013 in Neuss eine Wohnung an. Die Bruttowarmmiete betrug 767 € im Monat. Schon im Herbst 2013 zeigten sie der Vermieterin Schimmelbefall in der Wohnung im Schlafzimmer und in der Küche an. Die Vermieterin unternahm zunächst nichts.

Die Mieter machten insgesamt 7 Monate (April bis Oktober 2015) eine Zurückbehaltung an der Miete in Höhe von 60% der Miete geltend. Daneben minderten sie die Miete fortlaufend ab April 2015 um 20%.

Die Vermieterin reagierte mit zwei außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigungen im Mai und im Juni 2015. Kurz darauf erhob sie Zahlungs- und Räumungsklage zum Amtsgericht Neuss. Das Amtsgericht verurteilte die Mieter zur Bezahlung der zurückbehaltenen Miete in Höhe von insgesamt 2.301 €. Die weitergehende Zahlungsklage (die Minderungsbeträge betreffend) und die Räumungsklage wies das Amtsgericht ab.

Beide Parteien legten Berufung zum Landgericht Düsseldorf ein. Während der Berufungsinstanz erklärte die Vermieterin, sie habe die Mängel bereits im Juni 2016 beseitigen lassen. Die Mieter bestritten dies. Die Vermieterin erklärte während der Berufungsinstanz (1.7.2017) eine erneute außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Die Mieter nahmen im weiteren Verlauf der Berufungsinstanz ihre Berufung gegen das amtsgerichtliche Urteil zurück. Das Urteil wurde insoweit bzgl. der Zahlungsverpflichtung (2.301 €) rechtskräftig.

Das Landgericht verurteilte die Mieter zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Die Vermieterin habe erklärt, dass sie die Mängel beseitigt habe. Damit stünde jedenfalls fest, dass sie keine (weiteren) Mangelbeseitigungsmaßnahmen mehr ergreifen würde. Das Zurückbehaltungsrecht an der Miete könne aber nur solange bestehen, wie es den Zweck erfüllen könne, die Vermieterin anzuhalten, sich vertragsgerecht zu verhalten. Entfalle dieser Zweck, bestünde auch kein Zurückbehaltungsrecht mehr, so dass die einbehaltenen Beträge zur Zahlung fällig und die Mieter sich mit der Leistung von 2.301 € in Verzug befänden. Damit läge ein Zahlungsrückstand von mehr als zwei Monatsmieten vor, so dass die in der Berufungsinstanz erklärte Kündigung wirksam sei.

Gegen diese Ausführungen wandten sich die Mieter mit ihrer Revision zum BGH – mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof führte in den Gründen des Urteils vom 10.4.2019 aus, dass das Berufungsgericht den Sachverhalt rechtsirrig bewertet habe. Richtig sei noch, dass das Zurückbehaltungsrecht in Gestalt der Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) einen bestehenden Verzug entfallen lasse.

Richtig sei auch, dass wiederum das Zurückbehaltungsrecht entfalle, wenn es seinen Zweck nicht mehr erfüllen könne, etwa wenn die Mängel beseitigt wurden oder das Mietverhältnis endet oder der Mieter den Zutritt zur Wohnung nicht gewähre oder sonst die Duldung zur Mangelbeseitigung verweigere (vgl. Entscheidung vom 10.4.2019, VIII ZR 12/18 – ZIV 2019, 37).

Anders verhalte sich diese Beurteilung aber, wenn die Vermieterin nur behaupte, sie habe die Mängel beseitigt. Das Zurückbehaltungsrecht des Mieters würde völlig entwertet werden, wenn allein die – streitige – Behauptung des Vermieters, er habe den Mangel beseitigt, genügen würde, um das Zurückbehaltungsrecht entfallen zu lassen. Außerdem bringe ein Vermieter, der sich im Prozess auf eine Mangelbeseitigung berufe, regelmäßig nicht zu Ausdruck, dass er die Mangelbeseitigung auch für den Fall ablehne, dass sich seine Behauptung im Rahmen der Beweisaufnahme nicht bestätigt.

Auch die durch die Berufungsrücknahme begründete Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung der Mieter in Höhe von 2.301 € könne den Kündigungstatbestand von § 543 Abs. 2 Nr. 3b BGB nicht ausfüllen. Es stünde zwar ein Zahlungsrückstand von mehr als zwei Monatsmieten fest. Damit sei aber nicht zugleich rechtskräftig festgestellt, dass dieser Rückstand im Kündigungszeitpunkt (1.7.2017) sich auch zur Zahlung im Verzug befunden hätte. Das Berufungsgericht sei in dieser Situation verpflichtet gewesen, das Vorliegen des kündigungsrelevanten Zahlungsverzuges am 1.7.2017 selbst zu prüfen. Insoweit wäre es insbesondere auf die streitige Behauptung angekommen, dass die Vermieterin angeblich die Mängel bereits im Juni 2016 beseitigt habe. Hierauf würde es umgekehrt nur dann nicht ankommen, wenn der zurückbehaltene Betrag unverhältnismäßig hoch ausgefallen wäre. Der BGH habe bereits 2015 (Urteil vom 17.6.2015, VIII ZR 19/14 – ZIV 2015, 30) entschieden, dass der zurückbehaltene Betrag in angemessener Relation zur Bedeutung des Mangels stehen müsse. Für die Verletzung dieser Relation hatte der VIII. Zivilsenat indessen keinen relevanten Anhaltspunkt.

Der BGH verwies daher den Rechtsstreit zurück an das Landgericht, das nun zu klären hat, ob der Mangel von der Vermieterin erfolgreich beseitigt wurde und damit Zahlungsverzug zurzeit der Kündigung vorlag oder nicht, VIII ZR 39/18.