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Grunddienstbarkeit schließt gesetzliche Regelungen komplett aus

Es stritten zwei Nachbarn, deren Grundstücke jeweils mit einem Einfamilienhaus bebaut waren. Das eine Grundstück grenzte direkt an eine Straße an, das andere lag dahinter und war nur über einen 1,50 m breiten Weg an die Straße angebunden. Dieser Wege verlief seitlich an der Grundstücksgrenze des Vorderlieger-Grundstücks bis zur Straße. Die Hinterlieger -Eigentümer baten ihre Nachbarn um die Benutzung eines Grundstücksstreifens auf einer Breite von weiteren 1,50 m, damit sie bequemer, u.a. auch mit dem Auto ihr HinterliegerGrundstück erreichen können. Die Nachbarn stimmten zu und es wurde eine Grunddienstbarkeit eingeräumt.

Sie sah u.a. folgende Regelungen vor: Der Eigentümer „(Vorderlieger (…)) räumt den jeweiligen Eigentümern ((..)Hinterlieger) das Recht ein, (…) den (…) Teil ihres Grundstücks (…) zum Fahren und Gehen zu benutzen (…) sowie diesen Weg auf eigene Kosten zu beleuchten. Der jeweilige Eigentümer ((…) Hinterlieger) ist verpflichtet, (..) einen Weg mit einer dauerhaften Fahrbahn anzulegen, in gutem Zustand zu erhalten und die Wegeanlagen zu unterhalten. Der Berechtigte (Hinterlieger) darf an der Straßengrenze auf seine Kosten auch ein Tor errichten (..).

Alle dadurch entstehenden Kosten tragen (..) der jeweilige Eigentümer des Grundstücks ((…) Hinterlieger). Zu diesen Kosten gehören auch die Kosten der Anlegung und Unterhaltung (…) der Wegeanlage.
Der jeweilige Eigentümer (Vorderlieger(…)) ist berechtigt, die Wegeanlage unentgeltlich zu nutzen.“

In den 1990iger Jahren schufen die Hinterlieger-Grundstücks-eigentümer den Weg und errichteten eine elektrische Beleuchtung. 1996 kam eine elektrisch betriebene einflügelige Toranlage hinzu. Der den Torflügel tragende Pfosten stand auf dem Grundstücksstreifen der Hinterlieger-Eigentümer, der Anschlagspfosten auf dem Grundstücksstreifen der Nachbarn, die die Grunddienstbarkeit eingeräumt hatten. 2014 nahmen die Hinterlieger die Toranlage außer Betrieb; sie stand seitdem offen und wurde nicht demontiert.

Die Nachbarn baten um Wiederinbetriebnahme der Toranlage, damit das Grundstück wieder rundherum nach außen geschlossen ist. Die Hinterlieger-Eigentümer blieben untätig.

Die Nachbarn klagten schließlich vor dem AG Berlin Spandau und unterlagen. Der Berufung bleib der Erfolg versagt. Das Landgericht Berlin führte im Urteil vom 26.4.2019 aus, dass nach § 1020 S. 2 BGB eine Unterhaltung der Toranlage nicht geschuldet sei, weil sie stillgelegt wurde. Ein Anspruch nach §§ 921, 922 BGB i.V.m. § 1004 BGB bestehe gleichfalls nicht, weil die Toranlage keine Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB sei.
Im Rahmen der Revision führte der BGH wiederum im Urteil vom 7.2.2020 aus, dass das Urteil des Landgerichts Berlin nur im Ergebnis zutreffend sei. Auf die Frage, ob es sich bei der Toranlage um eine Grenzeinrichtung handele, käme es nicht an. Sobald eine Grunddienstbarkeit die Rechte an einer Grenzeinrichtung regele, komme es nur auf den Inhalt der Grunddienstbarkeit an und nicht auf die gesetzlichen Regelungen hierzu.

Hinsichtlich der Unterhaltungsverpflichtung nach § 1020 S. 2 BGB für die schonende Ausübung einer Grunddienstbarkeit komme es entgegen der Darstellung des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob der Berechtigte die Toranlage stillgelegt habe. Die in der Norm angeordnete Erhaltungsverpflichtung umfasse vielmehr nur die Maßnahmen, die zur Verkehrssicherung und ggf. zur optisch ordentlichen Erhaltung notwendig seien (BGH-Urteil vom 12.11.2004, V ZR 42/04). Nicht geschützt sei dagegen das Benutzungsinteresse. Der Betrieb einer Anlage zum Zwecke der Mitbenutzung könne daher über § 1020 BGB nicht erreicht werden.

Eine Unterhaltungsverpflichtung zum Zwecke der Mitbenutzung im Sinne von § 1021 Abs. 1 S. 2 BGB könne der Verpflichtete nicht umgehen, indem er die Anlage aufgebe; ihm bleibe in diesem Fall nur die Aufgabe der ganzen Dienstbarkeit. Vorliegend sei allerdings auch diese Norm nicht einschlägig, weil der Nachbar diese Unterhaltungsverpflichtung nicht in der Grunddienstbarkeit vereinbart habe. Aus der Eintragungsbewilligung ergäbe sich eine Unterhaltungsverpflichtung nur für den Weg, aber nicht für das zulässigerweise errichtete Tor. Die Toranlage könne daher auch jederzeit wieder demontiert, oder als Minus hierzu, stillgelegt werden, V ZR 128/19.