Der EuGH hat mir Urteil vom 3.4.08 die deutsche Rechtsprechung zum Verzug in Frage gestellt. Sollte das Urteil die Rechtsprechung deutscher Gerichte beeinflussen, wovon auszugehen ist, kann dies im Einzelfall weitreichende Konsequenzen haben.
Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der deutschen Telekom und einem ihrer Vertragspartner wurde die Rechtsfrage streitig, ob Verzug eingetreten war oder nicht. Die deutschen gesetzlichen Regelungen zum Verzug in §§ 286 ff BGB dienten der Umsetzung der Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (RL 2000/35/EG). Der EuGH ist somit zur Auslegung der Richtlinie und Prüfung der korrekten Umsetzung befugt. Nach der deutschen Rechtsprechung befindet sich der Schuldner dann nicht in Verzug, wenn er zum Fälligkeitszeitpunkt das seinerseits Erforderliche veranlasst hat, um für eine Bezahlung Sorge zu tragen. So genügt der Mieter mithin seinen Pflichten, wenn er am 3. Werktag des Monats als Fälligkeitstag den ausgefüllten und unterschriebenen Überweisungsträger bei der Bank einwirft.
Damit will die Rechtsprechung den Schuldner vor den Unbilden eines langsamen Zahlungsverkehrs schützen und legt die Nachteile der Verzögerung letztlich dem Gläubiger auf.
Diese Auslegung erachtet der EuGH als nicht richtlinienkonform. Nach der Richtlinie bedürfe die Vermeidung von Verzug der rechtzeitigen Gutschrift des Geldes. Der Schutz für den Schuldner sei nach der Richtlinie ausdrücklich gewahrt, denn diese regelt, dass der Schuldner für Verspätungen des Transaktionsverkehrs nicht einzustehen habe.
Gerade im Mietrecht knüpft an den Verzugseintritt nicht nur eine Verzinsungspflicht an, sondern mitunter weitreichende Rechtsfolgen, wie z.B. eine Kündigung des Mietverhältnisses. Möglicherweise ist dieses Urteil wegweisend für einen Paradigmenwechsel auch bei deutschen Gerichten. Ein Mieter wird dann vielleicht das Nachsehen haben, wenn sich herausstellt, dass er seit Monaten unpünktlich gezahlt hat, weil das Geld erst am 4. oder 5. Werktag beim Vermieter eintraf und der Vermieter hierauf seine Kündigung stützt.(EuGH C 306/06)