Einen juristisch komplizierten Fall hatte der Bundesgerichtshof im Urteil vom 20.9.2019 zu klären.
Ein Bauträger in Berlin besaß zwei benachbarte Grundstücke. Flurstück 696 und Flurstück 695. Flurstück 696 war mit einem Altbau bebaut, das andere Grundstück war baulich nicht genutzt. Der Bauträger plante in Vorbereitung für sein Vertriebsprojekt die Sanierung und Aufteilung des Gebäudes nach dem WEG. Er beabsichtigte hierzu auch das Dachgeschoss auszubauen. Diesbezüglich stellte er einen Bauantrag bei der Baubehörde. Diese erteilte die Genehmigung unter dem ausnahmsweisen Dispens hinsichtlich der Geschossflächenzahl (Zum Begriff: Siehe Kasten). Der Dispens stand aber unter einer Bedingung. Die beiden Flurstücke (695 und 696) sollten ein einheitliches Grundstück bleiben.
An diese Bedingungen hielt sich der Bauträger im weiteren Verlauf aber nicht. Vielmehr baute er das Dachgeschoss aus und teilte dennoch das Grundstück in die beiden Flurstücke und verkaufte die gebildeten Wohneinheiten des bebauten Grundstücks. Das Eigentum an dem unbebauten Grundstück übertrug er an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die aus seinen beiden Töchtern bestand.
Drei Jahre später erfuhr die Baubehörde davon und gab den Wohnungseigentümern auf, die beiden Grundstücke wieder zu vereinen, da andernfalls die Geschoss- und Grundflächenzahl (Zum Begriff: Siehe Kasten) nicht mehr eingehalten sei. Gleichzeitig gab sie der GbR auf, ihr Grundstück an die Wohnungseigentümer zu übereignen.
Im Folgejahr, 2015 beschlossen die Wohnungseigentümer den Bauträger notfalls gerichtlich auf Verschaffung des Eigentums an dem benachbarten Grundstück der GbR in Anspruch zu nehmen. Der Klage vor dem Landgericht Berlin wurde stattgegeben. Auf die Berufung des Bauträgers hob das Kammergericht Berlin das Urteil auf und wies die Klage ab. Das Kammergericht führte im Urteil aus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht in der Lage sei, selbst gemeinschaftliches Eigentum (sondern nur: Sondereigentum) zu erwerben.
Außerdem fehle es für die Klage auch an der Rechtsfähigkeit der WEG, weil nicht die Verwaltung von Wohneigentum betroffen sei, sondern die sachenrechtlichen Grundlagen der Gemeinschaft.
Die Revision gegen das Urteil des Kammergerichts hatte Erfolg. Der BGH führte im Urteil vom 20.9.2019 aus, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Rechtsmacht besäße, die Durchsetzung der den einzelnen Erwerbern zustehenden Ansprüche auf ordnungsmäßige Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Beschluss an sich zu ziehen (vgl. BGH-Urteil vom 12.4.2007 VII ZR 236/05 – ZIV 2007, 18, BGH-Urteil vom 15.1.2010, V ZR 80/09 – ZIV 2010, 11, BGH-Urteil vom 25.2.2016, VII ZR 156/13 – ZIV 2016, 17). Entgegen der Auffassung des Kammergerichts diene der Beschluss einzig der Durchsetzung der durch die Erwerbsverträge begründeten Ansprüche und damit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Die sachenrechtlichen Grundlagen würden nicht tangiert. Richtig sei zwar, dass die Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen einer Beschlussfassung mangels Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümerversammlung nicht zugänglich sei. Vorliegend sollte eine solche Änderung durch den Klagebeschluss vorbereitet werden. Ob insoweit eine Beschlusskompetenz bestehe, sei umstritten. Der BGH bejahrt die Frage.
Allerdings müsste auch ein solcher Beschluss im Übrigen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und damit auch den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung genügen. Daran würde es regelmäßig fehlen, wenn schon bei der Beschlussfassung absehbar sei, dass einzelne Wohnungseigentümer an der späteren Umsetzung nicht mitwirken würden und hierzu zweifelsfrei auch nicht (ausnahmsweise) verpflichtet seien (vgl. BGH-Urteil vom 12.4.2013, V ZR 103/12 – ZIV 2013, 37). Ob die Wohnungseigentümer eine entsprechende Verpflichtung im konkreten Fall haben, lies der Senat offen, V ZR 258/18.