Der Freistaat Sachsen forderte vor dem Landgericht Leipzig die Bezahlung von rund 6.200 € Werklohn aus abgetretenem Recht von einem Bauträger. Eine Tischlerei erbrachte für den Bauträger 2011 Tischlereiarbeiten und rechnete rund 33.700 € netto ab. In der Rechnung nahm sie folgenden Hinweis auf: Gemäß § 13b Umsatzsteuergesetz sind Sie (der Bauträger) Schuldner der Umsatzsteuer.
Dieser Hinweis entsprach der Anwendung von § 13b UStG in der damaligen bundesweiten Praxis der Finanzämter. Der Bauträger bezahlte zwar den Rechnungsbetrag, nicht jedoch die Umsatzsteuer an das Finanzamt. Mit Urteil vom 22.8.2013 (V R 37/10, BFHE 243, 20) entschied der Bundesfinanzhof, dass § 13b Abs. 2 Satz 2 UStG 2005 (bzw. § 13b Abs. 5 Satz 3 UStG 2011) entgegen der einschlägigen Umsatzsteuer-Richtlinie einschränkend dahin auszulegen sei, dass es für einen Übergang der Steuerschuldnerschaft darauf ankomme, ob der Leistungsempfänger die an ihn erbrachte Leistung selbst zur Erbringung einer Leistung verwende oder nicht. Dies traf nach Auffassung des BFH auf Bauträger nicht zu, weil sie die erbrachten Leistungen für die Bebauung eigener, zur Veräußerung vorgesehener Grundstücke verwende.
Auf Veranlassung des Finanzamts und infolge dieser BFH-Entscheidung korrigierte die Tischlerei ihre Rechnung gegenüber dem Bauträger und wies nunmehr zusätzlich die Umsatzsteuer in Höhe des Klagebetrages von rund 6.200 € aus. 2015 schloss der Freistaat Sachsen mit dem Bauunternehmen einen zivilrechtlichen Vertrag, in dem die Tischlerei den Zahlungsanspruch an Erfüllungs statt an den Freistaat abtrat. Die Zahlungsaufforderung des Freistaates Sachsen wurde vom Bauträger ignoriert, so dass dieser Klage erhob. Der Bauträger wandte die Einrede der Verjährung ein.
Das Landgericht Leipzig wies daraufhin die Klage ab. Die Berufung zum OLG Dresden hatte Erfolg. Das vorinstanzliche Urteil wurde aufgehoben und der Klage stattgegeben. Die anschließende Revision des Bauträgers hatte dagegen keinen Erfolg.
Der BGH führte im Urteil vom 10.1.2019 aus, dass der abgetretene Werklohnanspruch in Höhe der Umsatzsteuer bestehe. Beide Parteien seien ursprünglich übereinstimmend von der Steuerschuldnerschaft des Bauträgers nach § 13b Abs. 5 UStG 2011 ausgegangen. Der Vertrag sehe keine Regelung für den Fall vor, dass diese Annahme unzutreffend sein könne. Damit läge ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage vor, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu beseitigen sei (vgl. bereits BGH-Urteil vom 17.5.2018, VII ZR 157/17 – ZIV 2018, 39). Danach habe der Bauträger, der keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt habe, diese dem Tischlereiunternehmen bzw. nach Abtretung dem Finanzamt bezahlen.
Der Anspruch sei auch entgegen der Auffassung des Bauträgers nicht verjährt. Eine Verjährung beginnen nach § 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden sei und der Bauunternehmer davon Kenntnis erlange oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die für das Entstehend des Anspruchs maßgebliche Gefahr, wegen der Heranziehung als Steuerschuldner die Umsatzsteuer abführen zum müssen, sei jedenfalls nicht vor dem Urteil des BFH vom 22.9.2013 entstanden. Da die Klage 2016 erhoben wurde, könne keine Verjährung eingetreten sein (VII ZR 6/18).