Der BGH hat mit Urteil vom 7.12.06 (IX ZR 157/05) die Messlatte für den Insolvenzverwalter im Rahmen der Anfechtung gemäß §§ 130, 131 InsO nach oben gelegt. Viele Gläubiger erleben immer wieder die Berg- und Talfahrt, wenn sie glücklicherweise noch vor der Insolvenz ihre Rechnung bezahlt bekommen und dann wenig später der Insolvenzverwalter die Zahlung anficht.
Sinn und Zweck der Anfechtungsvorschriften ist es nicht bestimmte Gläubiger, die dem Gemeinschuldner sympathischer sind oder die in der Zwangsvollstreckung schneller waren vor den anderen Gläubigern zu bevorzugen. Stattdessen sollen alle Gläubiger gleich (schlecht) behandelt werden.
Im zugrundeliegenden Fall erwirkte die Gläubigerin und später vom Insolvenzverwalter Verklagte – einen Vollstreckungsbescheid gegen die Gemeinschuldnerin. Gut einen Monat vor der Insolvenzantragstellung bezahlte die an sich zahlungsunfähige Gemeinschuldnerin alle im Vollstreckungsbescheid titulierten Verbindlichkeiten. Der Insolvenzverwalter klagte nach der Anfechtung der Zahlung auf Zahlung an sich. Letztinstanzlich wurde die Klage mit folgenden Erwägungen zurückgewiesen.
Nach § 131 InsO sei eine erhaltene Sicherung oder Befriedigung inkongruent und damit anfechtbar, wenn sie durch den Druck einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung von der Gemeinschuldnerin geleistet worden war. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Gläubigerin nur den Vollstreckungsbescheid erwirkt, ohne die Vollstreckung anzudrohen oder einzuleiten. Für die Einleitung der Vollstreckungshandlung genüge jedenfalls nicht die von Amts wegen erfolgende Zustellung, auch wenn es sich hierbei um eine Vollstreckungsvoraussetzung handele.
Demzufolge, so der 9. Senat weiter, sei die erlangte Befriedigung auch nicht inkongruent. Zahle der Schuldner innerhalb der gesetzlichen 3-Monatsfrist freiwillig auf eine fällige Forderung, während andere Gläubiger mit ihren ebenfalls fälligen Forderungen leer ausgingen, so führe diese Verletzung der Gläubigergleichbehandlung nur unter den weitergehenden Voraussetzungen des § 130 InsO zur Anfechtbarkeit.
Der befriedigte Gläubiger müsse nach dieser Norm (§ 130 InsO) grundsätzlich die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt oder von dem bereits gestellten Insolvenzantrag gewusst haben, um zur Rückgewähr verpflichtet zu sein. Gerade diese Kenntnis sei nach der Regelung in § 131 InsO nicht erforderlich. Die schärfere Haftung nach dieser Vorschrift sei nur gerechtfertigt, wenn der Gläubiger, abgesehen von der Erwirkung eines Vollstreckungstitels weiteren, Druck auf den Schuldner ausgeübt habe, die fällige Leistung zu erbringen.
In diesem Fall hatte der Gläubiger zudem das Glück, dass der Insolvenzverwalter nicht die erfolglose Anfechtung nach § 130 I, II InsO in der Revisionsinstanz angegriffen hatte. Hieran scheitern die meisten Gläubiger. Danach kann eine Befriedigung angefochten werden, wenn sie in den letzten 3 Monaten vor Insolvenzantragsstellung erfolgte und der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit kannte. Nach § 130 II InsO stehen der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen.