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Bevorrechtigte Zwangsversteigerung der Wohnungseigentümergemeinschaft

Ein neues Problem ist mit der WEG Novelle im Rahmen der Zwangsversteigerung aufgetreten. Der Gesetzgeber hat der vollstreckenden WEG einen Sonderplatz bei der Verteilung des Zwangsversteigerungserlöses auf Rang 2 (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG) eingeräumt. Damit rangiert die WEG noch vor den Grundpfandgläubigern. Der Vorzugsrang ist jedoch betragsmäßig beschränkt und weist noch weitere Hürden auf. Soweit die Forderungen diese Rangklasse übersteigen, kann die WEG nur aus Rangklasse 5 vorgehen, in der es i.d.R. nichts mehr zu verteilen gibt.

Dem Beschluss vom 17.4.2008 lag folgendes Problem zugrunde. Für den Antrag auf Anordnung der Zwangsvollstreckung in der Rangklasse 2 hat nach § 10 Abs. 3 ZVG i.V.m. § 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG die Wohnungseigentümergemeinschaft nachzuweisen, dass der zu vollstreckende Betrag mehr als 3% des Einheitswertes der Eigentumswohnung ausmacht.

Dieser Einheitswert dient der Festsetzung der Grundsteuer; er ist außer vielleicht bei Schrottimmobilien sehr viel geringer als der Verkehrswert einer Wohnung. Der Einheitswert ergibt sich aus dem sogenannten Einheitswertbescheid, der nach § 16 Abs. 2 ZVG dem Vollstreckungsantrag beizufügen ist.

Diesen Bescheid konnte die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht vorlegen. Sie bot an, die Bescheide von entsprechenden Wohnungen in der Wohnanlage vorzulegen. All das wurde nicht akzeptiert.

Die Finanzbehörde berief sich auf das Steuergeheimnis und war auch nicht bereit zu helfen. Der BGH erklärte, dass die Vorlage des Einheitswertbescheides Zulässigkeitsvoraussetzung sei. Die Tatsache, dass die Vorlage am Steuergeheimnis (§ 30 AO) scheitere, begründet keine Erleichterung für die Antragstellerin in dem Sinne, dass Einheitswertbescheide von vergleichbaren Wohnungen ersatzweise vorgelegt werden könnten.

Der BGH bietet indessen sogleich eine Lösung für die Misere an. Der Antrag der Wohnungseigentümergemeinschaft ist zwar ohne Einheitswertbescheid unzulässig. Das hat jedoch nicht die Folge, dass der Antrag zurückgewiesen wird. Vielmehr wird der Antrag als solche nach Rangklasse 5 behandelt. Nach erfolgter Anordnung der Zwangsversteigerung hat das Vollstreckungsgericht nach § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG die zuständigen Finanzbehörden um Übermittlung des Einheitswertbescheides zu ersuchen. Einem solchen Ersuchen können die Finanzbehörden, nicht das Steuergeheimnis entgegenhalten, § 54 Abs. 1 Satz 4 GKG. Anschließend könne die Gemeinschaft ihrem eigenen Verfahren in der Rangklasse 2 beitreten. Damit würde das Verfahren aus der Rangklasse 2 (auch) betrieben werden, so dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ihr eigentliches Ziel dennoch erreichen kann. Eine Regelungslücke, wie vielfach in der Diskussion der Fachkreise behauptet, liege mithin nicht vor. (V ZB 14/08)