Mitunter scheint es auf dem Papier gänzlich anders als es ist Ein Bauträger errichtete 1985 eine Wohnanlage im Gerichtssprengel des AG Göttingen. Erst danach nahm er eine Aufteilung nach WEG vor und vermietete u.a. 18 Wohnungen an Mieter. Eine genaue Auskunft erteilt das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22.3.2019, das sich mit dieser Wohnanlage rechtlich beschäftigt, zu den Hintergründen nicht. Es kann aber angenommen werden, dass es hinsichtlich der Immobilie 1985 ein öffentlich-rechtliches Genehmigungshindernis gab. Die 18 Wohnungen wurden daher in der Teilungserklärung nicht als Wohneigentum bezeichnet, um die tatsächliche Nutzung zu verschleiern. Vielmehr wurden diese Flächen als Sondernutzungsflächen zur Nutzung als Abstellräume I, II und III sowie als Wasch- und Trockenräume A und B bezeichnet. Diese Sondernutzungsflächen konnten dem Bauträger zugewiesen werden, weil er Eigentümer einer Garage (Teileigentum G 30) war.
Knapp 20 Jahre später bemühte sich der Bauträger darum, die eigenwillige Gestaltung in eine gewöhnliche Ordnung zu überführen. Die übrigen damaligen Wohnungseigentümer genehmigten eine Änderung der Teilungserklärung nach, die dem Bauträger die Teilung und Begründung von Sondereigentum an den Wohnungen gestattete. Die Änderung wurde nicht im Grundbuch vollzogen.
Die Gestaltung war einigen Eigentümern ein Dorn im Auge. 2015 klagte eine Wohnungseigentümerin erfolgreich auf die Feststellung, dass die 18 Wohnungen nur in der in der Teilungserklärung beschriebenen Form (Abstellräume, Wasch- und Trockenräume) genutzt werden dürften. In einer weiteren Klage wurde der Bauträger verurteilt, es zu unterlassen, die Räume zu Wohnzwecken zu nutzten.
Der Bauträger klagte nun seinerseits auf die Feststellung, dass dem jeweiligen Eigentümer der Teileigentumseinheit G30 es gestattet sei, die Räume I, II und III sowie die Räume A und B kostenlos zu nutzen. Das Amtsgericht wies die Klage als unzulässig ab. Das Berufungsgericht wies die Klage als unbegründet ab. Das Berufungsgericht vertrat im Urteil vom 22.11.2016 die Auffassung, dass ein Anspruch auf Änderung der Teilungserklärung nicht auf § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG gestützt werden könne. Der Bauträger verlange eine Änderung der sachenrechtlichen Grundlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft, was die Vorschrift nicht ermögliche. Der Anspruch ergäbe sich auch nicht aus anderen Vorschriften.
Mit zugelassener Revision wandte sich der Bauträger an den Bundesgerichtshof. Dieser widersprach im Urteil vom 22.3.2019 der Rechtsansicht des Landgerichts Braunschweig.
Vorrangig sei eine Teilungserklärung auszulegen. Die Auslegung erlaube nicht die Gestattung der Nutzung der Sondernutzungsflächen zu Wohnzwecken. Es komme daher eine Anpassung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG in Betracht. Richtig sei zwar, dass die sachenrechtliche Zuordnung von Räumen nicht Gegenstand einer Vereinbarung im Sinne von § 10 WEG sein könne (BGH-Urteil vom 12.4.2013, V ZR 103/12 – ZIV 2013, 37). Anders liege es aber bei der Änderung des Inhalts eines dinglichen Sondernutzungsrechts oder dessen dauerhafter Aufhebung. In beiden Fällen bleibe die sachenrechtliche Zuordnung des Nutzungsgegenstandes zum Gemeinschaftseigentum unverändert BGH-Urteil vom 23.3.2018, V ZR 65/17 – ZIV 2018, 52).
Die Regelung setze nicht voraus, dass sich tatsächliche oder rechtliche Umstände nachträglich verändert hätten. Ein Änderungsanspruch komme auch in Betracht, wenn Regelungen der Teilungserklärung von Anfang an verfehlt oder sonst unbillig waren (sog. Geburtsfehler).
Ein Änderungsanspruch setze voraus, dass schwerwiegende Gründe für eine Änderung sprächen. Erforderlich hierfür könne sein, dass die verfehlte Regelung nicht der baulichen Ausstattung der Wohnanlage entspräche, wobei nachträgliche bauliche Änderungen eines Eigentümers nicht beachtlich seien. Ferner müsse die Regelung zu einer erheblichen Einschränkung der wirtschaftlichen Verwertung der Einheiten führen. Lägen schwerwiegende Gründe vor, sei in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Interessen der übrigen Eigentümer gegen eine Änderung sprächen. Nicht genügend sei das abstrakte Vertrauen auf Einhaltung der Gemeinschaftsordnung in der aktuellen Fassung.
Davon ausgehend sei festzustellen, dass die Regelung verfehlt sei, weil sie zu einer Zeit geschaffen wurde, als die 18 Wohnungen schon errichtet waren. Hinzu käme, dass der für die Garage G30 bemessene Miteigentumsanteil von rund 15.000/10.000 erkennen lasse, dass von vorneherein nicht nur eine untergeordnete Nutzung intendiert gewesen sei. Zudem erkannte der BGH nicht, dass besondere Belastungen der anderen Wohnungseigentümer mit der Änderung verbunden wäre. Die intendierte Regelung vollzog nur nach, was von Anfang der realen Nutzung entsprach. Da der Antrag des Klägers sein eigentliches Klageziel nicht abdeckte, verwies der BGH den Rechtsstreit zurück, damit der Kläger Gelegenheit bekommt, den Antrag zu korrigieren, V ZR 298/16.